Herzlichen Glückwunsch, Zentrale Widerspruchsstelle!

Berlin, 14. November 2024 - Die Zentrale Widerspruchsstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund feiert 50-jähriges Jubiläum. Rüdiger Herrmann, alternierender Vorsitzender der Vertreterversammlung würdigt die Verdienste:

„Das 50-jährige Jubiläum der Zentralen Widerspruchsstelle ist ein ganz besonderer Anlass und für mich ein Grund zur Freude. Die Selbstverwaltung ist eng mit der Zentralen Widerspruchsstelle verbunden. Nicht zuletzt durch die Wahl der ehrenamtlichen Mitglieder der Widerspruchsausschüsse  durch die Vertreterversammlung. Die Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen im konkreten Einzelfall ist eine herausfordernde Aufgabe für alle ehrenamtlichen und hauptamtlichen Beteiligten. Durch ihr eingebrachtes Engagement kommen unsere Versicherten, Rentnerinnen und Rentner sowie Arbeitgeber schneller zu ihrem Recht. Die Arbeit der Zentrale Widerspruchsstelle macht dies möglich.“

Die Zentrale Widerspruchsstelle (ZWSt)

In der ZWSt wird neben der fachlichen Bearbeitung der eingehenden Akten die gesamte Organisation rund um die Widerspruchssitzungen und die Betreuung der ehrenamtlichen Ausschussmitglieder  wahrgenommen. Aus den gesamten Rechtsgebieten der Rentenversicherung - Rente, Versicherung,  Auslandsrecht, Künstlersozialversicherung, Betriebsprüfung, Clearing und Leistungen zur Teilhabe - , in denen ein Widerspruchsverfahren anhängig ist, wird in den Widerspruchsausschüssen die Recht und Zweckmäßigkeit von Verwaltungsakten geprüft und eine Entscheidung getroffen. 

Das war nicht immer so

Das vor 1975 geltende Sozialgerichtsgesetz (SGG) sah ein Widerspruchsverfahren lediglich im  Beitragsverfahren und bei Ermessensentscheidungen vor. Nur zehn verwaltungseigene Sonderausschüsse waren bei der damaligen BfA tätig, die über diese Widersprüche entschieden. 

Die Geburtsstunde der ZWSt

Am 30.6.1974 wurde ein allgemeines Vorverfahren eingeführt, mit dem Ziel, die Verfahren zu  beschleunigen und die Sozialgerichte zu entlasten. Zahlreiche Streitfälle sollten nun über reine  Beweiswürdigungsfragen bereits so ihre Erledigung finden. 

Da mit einem Mehreingang an Widersprüchen zu rechnen war, wurden 59 Ausschüsse gebildet. Erstmals hatten diese aus Mitgliedern zu bestehen, die von den Arbeitgeber- und  Versichertenverbänden bundesweit vorgeschlagen wurden. Von der Vertreterversammlung wurden  216 Vertrauenspersonen gewählt, die in acht örtlichen Bereichen als ehrenamtliche Mitglieder tagten  und über alle Widersprüche, denen nicht durch die Sachbearbeitung abgeholfen wurde, entschieden.

Zur Betreuung der ehrenamtlichen Mitglieder und zur Organisation des Verfahrens und der Sitzungen  wurde die ZWSt in Berlin errichtet. 

Ein Ausschussmitglied erinnert sich:

Willy Raible aus Stuttgart ist von Beginn an Mitglied eines Widerspruchsausschusses der BfA/DRV Bund. Im Interview blickt er zurück. 

Können Sie sich noch an Ihre erste Ausschusssitzung erinnern?

Ja. Die Sitzungen fanden damals in der Auskunfts- und Beratungsstelle in Stuttgart statt. Bei einem großen Teil der Fälle ging es um Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten. Häufig ging es auch noch um  Ersatzzeiten in Folge von Krieg, Gefangenschaft, Flucht und Vertreibung. Die Unterlagen wurden uns, wie heute auch, vor der Sitzung zugschickt. Vieles war für uns Neuland. Das Widerspruchsverfahren wurde damals vor allem eingeführt, um die Sozialgerichte zu entlasten. Zu Beginn hatten wir auch  noch nicht so viele Fälle pro Ausschusssitzung wie heute. 

Wie kamen Sie als damals recht junger Mensch dazu, in einem Widerspruchsausschuss mitzuarbeiten?

Ich war damals 26 Jahre alt und DHV -Mitglied (Deutscher Handlungsgehilfen-Verband). Unsere Liste  hatte bei den Sozialwahlen so viele Stimmen erhalten, dass man händeringend Versichertenälteste  suchte. Also wurde ich angesprochen und ich bin seither als Versichertenberater tätig. Das Ehrenamt  als Mitglied in einem Widerspruchsausschuss kam dann gleich noch mit dazu

Was macht Ihnen bei dieser Arbeit am meisten Spaß?

Das ist die Vielfältigkeit der Fälle, angefangen von Rehabilitation über Erwerbsminderungsrenten hin zu Beitragszeiten, Kindererziehungszeiten und vieles mehr.

Würden Sie sagen, dass sich unser deutsches Rentenversicherungssystem in den letzten 50 Jahren bewährt hat?

Auf jeden Fall. Das Umlageverfahren hat uns sicher durch Krisen gebracht. In manchen anderen Ländern war das nicht so.

Ein Sitzungstag

Widerspruchssitzungen der ZWSt finden in 32 Städten, verteilt über das gesamte Bundesgebiet, statt. Der*die Dezernent*in hat sich eigenverantwortlich um die Vorbereitung zu kümmern. Dazu gehört die Terminierung der Sitzungen in Absprache mit den Ehrenamtlichen aus dem zugewiesenen Verhandlungsort, die Prüfung der von der Sachbearbeitung aus den Sonderteams vorgelegten Widerspruchsbescheidentwürfe wie auch die Organisation der notwendigen Dienstreise und die Vorbereitung des Sitzungsortes (das Auspacken der Akten die und Bereitstellung der notwendigen Technik).

Am Sitzungstag treten die ehrenamtlichen Ausschussmitglieder und der*die Dezernent*in - als hauptamtliche Ausschussmitglieder und Vertreter*innen des Direktoriums – zusammen, um jeden einzelnen Widerspruch von den insgesamt 20 bis 25 Vorgängen zu verhandeln. Nach kurzer Sachverhaltsdarstellung durch den*die Dezernent*in, einem Blick in die (digitale) Akte und Austausch von Argumenten wird im Mehrheitsprinzip über den Widerspruch entschieden. Das Votum lautet dann „zurückgewiesen“ oder auch „(Teil-) Stattgabe“. Die Widerspruchsbescheide werden

anschließend in der ZWSt geschrieben und abgesandt (Ausnahme: Betriebsprüfakten). Die Vorgänge werden abschließend der Sachbearbeitung wieder zugeführt.

Fazit 

Dank der verantwortungsvollen Arbeit der Ehrenamtlichen und der guten Zusammenarbeit mit allen Abteilungen unseres Hauses werden auch in Zukunft gute Entscheidungen im Sinne der  Versichertengemeinschaft getroffen. Wir Mitarbeitenden der ZWSt sind gespannt, was die nächsten  50 Jahre für Veränderungen mit sich bringen.

Christine Hallecker, Dez. 1005

Die Widerspruchsausschüsse - verschiedene Perspektiven und auch ein ehrenamtliches Engagement

Bei der Sozialwahl werden Menschen gewählt, die sich ehrenamtlich in den Sozialparlamenten engagieren und der sozialen Selbstverwaltung eine demokratische Legitimation geben. Dieses Engagement zeigt sich auch bei der Besetzung der Widerspruchsausschüsse, denn sie sind Ausdruck der gelebten Selbstverwaltung und des Demokratieprinzips. Jeder Widerspruchsausschuss besteht aus zwei ehrenamtlichen Mitgliedern und einem Mitglied der Verwaltung. Die zwei ehrenamtlichen Mitglieder werden von der Vertreterversammlung gewählt. Zur Wahl vorgeschlagen werden die ehrenamtlichen Mitglieder von Versichertenverbänden und Arbeitgeberorganisationen, die bei der Sozialwahl antreten und von den Versicherten und Arbeitgeber*innen des Trägers gewählt werden. Somit sind sie ein wichtiges Bindeglied in der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürger*innen. Von den unterschiedlichen Perspektiven der Mitglieder sowie aus der eingebrachten Lebenserfahrung aus ehren- und hauptamtlicher Tätigkeit profitiert die Arbeit in den Ausschüssen.

Herzlichen Glückwunsch, Zentrale Widerspruchsstelle!
Pressemitteilung zum 50-jährigen Jubiläum der Zentralen Widerspruchsstelle vom 14.11.2024

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